Platon-Akademie
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Zur PressemappeNachdem der Begriff des Biologischen Gleichgewichts Jahrzehnte lang wissenschaftliches Thema war, wurde er schrittweise wieder aus den Diskussionen entfernt. Grund: Die Ökonomie mischte sich ein, besorgt um ihr Ansehen nachdem die Willkür-Wachstums-Wirtschaft gerade mit der Zerstörung komplexer biologischer Systeme ihre größten Geschäfte macht. Ein Naturgesetz, das dies aufdeckt, darf nicht bekannt werden, und schon jeder Schüler begreift ja allzuleicht, dass Eingriffe in hohe biologische Komplexität immer mehr oder weniger starke Störungen auslösen (Vierter Hauptsatz in: R. Brück, Krone der Schöpfung?, Karlsruhe 1964, vergriffen).Bereits J.J. Rousseaus biologische Aufklärung musste sofort Konkurs anmelden, mitten im sog. Zeitalter der Aufklärung. Den Philosophen erklärte die Wachstumsökonomie kurzerhand für dumm. Das Urteil wirkt bis heute.
Ohne Biologisches Gleichgewicht kann keine Komplexität der drei Organisationsordnungen Zelle, Individuum und Biozönose (= Lebensgemeinschaft, Ökosystem) bestehen. Tiere orientieren an ihm ihre Verhaltensmotive (PM(68)). Die Molekularbiologie ist der Schlüssel zu dieser Erkenntnis (vgl. PM(55)). Doch die politisch-ökonomische Tendenz drängte beharrlich diesen Schlüssel mit Stigmatismen wie Biologismus und ökologischer Faschismus (PM(103)) aus der Diskussion hinaus. Das Argument lautet bis heute: Gleichgewicht charakterisiert statische Zustände, und Statik gibt es in der Biologie ganz und gar nicht.
Man weist darauf hin, die Natur verändere sich ständig. Allenfalls der Begriff Fließgleichgewicht (Bertalanffy) ist akzeptiert. Der Einwand ist indessen nutzloser Streit, oft geführt wider besseres Wissen. Denn das Problem löste schon die Mathematik mit Hilfe der Differentialrechnung: Selbst bei raschen Systemveränderungen herrscht in hinreichend kurzen Zeitspannen („Differentialen“) praktisch Stabilität. Im komplexen Gleichgewicht von Individuen und Ökosystemen sind solche Zeitspannen Jahre, meist Jahrhunderte bis Jahrhunderttausende. Nur äußerst geringfügige Störungen finden täglich statt und werden auch täglich gleich behoben (PM(68)).
Das Gerede wider den Sinn des Gleichgewichts ist also vor allem Opportunismus. Menschenverursachte Veränderungen der Natur will der anthropozentrische Grundsatz nicht als schädlich einordnen. Lebensgemeinschaften, vor allem der Wald, werden daher der Öffentlichkeit so beschrieben, dass letztlich die intensive Landwirtschaft samt ihrer verhängnisvollen Gentechnologie als perfekte Ökologie hervorgeht. Gegenüber jedem Zweifel am ökologischen Nutzen der Willkür-Ökonomie herrscht dieselbe Empörung wie gegenüber der Tatsache dass der Mensch vom Affen abstammt. Außerdem schaut man darüber hinweg, dass der Wald sowieso seit Hunderten von Jahrmillionen keinen Menschen gebraucht hat. Unzählige Ökonomen wissen wahrscheinlich nicht, dass die Menschheit erst seit einer geologischen „Millisekunde“ das Problem Nummer eins der Biosphäre ist.
Treffend kam dieser Konflikt jetzt in dem SZ-Artikel „Finger weg“ vom 28.7.2012 zum Thema Wald ans Licht. Der Artikel zeigt (noch ohne Berufung auf den Gleichgewichtsbegriff), dass die Willkürwirtschaft doch nicht umhin kann anzufangen, die Ökologie zu berücksichtigen und – wie in der Energiebranche – nach Kompromissen zu suchen. Bislang herrscht aber die Geringschätzung der Ökologie noch vor: Ökologischer Wald wäre ein undenkbarer Wald frei von standortfremder Flora (und Fauna). Keine Douglasien! Ein solches Bild strapaziert das anthropozentrische Wertedenken unerträglich. Man müsste z.B. hinnehmen, dass zu Recht vom „ökologischen Immunsystem“ alles ausgetilgt wird, was nicht ins örtliche Ökosystem passt – unterschiedlich je nach Küstennähe, Bergland, Bodenbeschaffenheit, Klima usw. usw. Man müsste Verständnis entwickeln, dass Borkenkäfer und Ackerwinde wüten und der Efeu an monokultivierten Fichten hochkriecht, um sie analog umzubringen wie Antikörper die Antigene. Ginge man (ökologisch denkend) nicht gegen die solchermaßen „schädliche“ Natur mit Gift vor (s. PM(97)), so setzte man den Wirtschaftswald einfach dem ökologischen Immunsystem aus, das das Gleichgewicht stabil hält, ließe ihn zusammenbrechen wie ein krebskrankes Lebewesen.
Greift man hingegen ein, schafft man eine narbenübersäte Natur. Das Verhängnis: Man verhindert sogar ihre Vernarbung, indem man gegen neue ökologische Nützlinge zu Felde zieht, die Wunden also immer wieder aufreißt.
Was wird aus einer Wunde, die man permanent am Ausheilen hindert?
Firmenportrait:
Die 1995 erneuerte Platon-Akademie (PA) versteht sich als Fortsetzung und Abschluss der antiken. Es geht ihr aber nicht um die Fortsetzung der spekulativen Philosophie Platons, auch Textkritik ist die Ausnahme. Sie versucht, im naturwissenschaftlich widerspruchsfreien Konsens die richtige Antwort auf die von Platon gestellten Fragen nach der letzten Ursache der Naturgesetze und nach der Gesellschaftsordnung zu finden. Sie wurde 529 von der Kirche geschlossen.
Leitung: Anton Franz Rüdiger Brück, geb. 1938, Staatsangehörigkeit Deutsch. Humanistisches Gymnasium. Hochschulstudien: Physik, Mathematik, Pädagogik, Philosophie. Ausgeübter Beruf: Bis 2000 Lehrer im Staatsdienst.
Mail: platonakademie (@) aol.de